Liebe Freunde der Annuschka,
an dieser Stelle möchten wir euch ein bisschen an die Hand nehmen und euch zu einem kleinen und kurzen Rundgang durch die Geschichte der Antonov AN-2 begleiten. Die folgende Beschreibung soll euch ein wenig dieses einzigartige Flugzeug näher bringen und ist dazu gedacht ein paar Fragen zur Geschichte unser Annuschka und ihrer zahlreichen Schwestern zu beantworten. Als Autor bin ich natürlich immer bemüht die Dinge so gut und genau es geht zu beschreiben. Man möge mir jedoch die vielleicht eine oder andere historische Unschärfe verzeihen.
Also hereinspaziert und viel Vergnügen bei unserem kleinen Geschichtsexkurs zur:
Antonov AN-2
Die Antonov AN-2, auch Annuschka (russ. für „Kleine Anna“) genannt, ist der weltweit größte einmotorige Doppeldecker. Korrekterweise muss allerdings erwähnt werden, dass es sich tatsächlich um einen Anderthalbdecker handelt, da die Spannweite des unteren Flügelpaares mit 14,20m gegenüber dem oberen Flügelpaares mit 18,20m, um 4,00m kürzer ist. Allerdings hat sich aufgrund der markanten und mittlerweile selten gewordenen Erscheinung die Begrifflichkeit des Doppeldeckers eingebürgert. Aber dies sei nur am Rande erwähnt.
Die Entstehungsgeschichte der AN-2 beginnt im Jahre 1946, als im staatlichen Auftrag der Sowjetunion ein Ersatz für die alternde Polikarpov Po-2 gesucht wurde. Aus dem Lasterhaft eines robusten Mehrzweckflugzeuges heraus entstand der AN-2 Prototyp SKh-1, welcher durch einen Shvetsov ASh-21 Sternmotor angetrieben wurde und über einen markanten Verstellpropeller mit sichelförmigen Blättern verfügte. Dieser wurde im Zuge des Einsatzes eines stärkeren Triebwerkes, dem ASh-62, schon bald durch einen herkömmlichen Vierblattverstellpropeller ersetzt.
Die Konstruktion ist als Ganzmetallrumpf mit Spanten und Gurten (engl. Stringer) ausgeführt, wobei jedoch die Flügel und die Leitwerks- ,so wie Ruderflächen mit Baumwollgewebe bespannt sind. Das starre und gefederte Dreipunktfahrwerk ist eine Spornradkonfiguration. (Zweispuriges Hauptfahrwerk am vorderen Rumpf-Flügelanschluss montiert und ein kleines ungelenktes Sportrad am Heck)
Hergestellt wurde der erste Prototyp in der staatlichen Fabrik 473 in Kiev, wo er auch am 31.August 1947 unter dem Kommando von Testpilot N.P. Wolodin seinen Erstflug absolvierte.
Hergestellt wurde dieses bemerkenswerte Flugzeug in verschiedenen Fabriken. Die ersten Flugzeuge wurden durch die Fabrik 473 in Kiev von 1947 bis ins Jahr 1960 gefertigt. Anschließend wurde die Produktion zu PZL in Mielec/Polen verlagert, wo die AN-2 noch bis 1991 gefertigt wurde. In der Sowjetunion wurden jedoch noch ab 1965 im Werk 464 Dolgoprudniy diverse AN-2M (Modifitsirovannyy – Modifiziert) für den Sprüheinsatz hergestellt, bevor die Produktion in der Sowjetunion gänzlich eingestellt wurde.
Der größte Teil der AN-2 Flotte kam aber aus den Hallen der polnischen PZL. Hier wurden ca. 13.000 AN-2 endmontiert und ausgeliefert. Die Gesamtzahl der AN-2 wird mit mehr als 18.000 Flugzeugen beziffert, welche auch die chinesischen Lizenzbauten Shijiazhuang Y-5 einschließt, die sogar noch bis ins Jahr 2001 hergestellt wurden. Es wird kolportiert, dass sogar nach offiziellem Produktionsende bei PZL noch eine Handvoll AN-2 aus verbliebenen Ersatzteilen und Produktionsteilen hergestellt wurden. Belegbar sind diese Zahlen aber nicht. Es darf also guten Gewissens behauptet werden, dass die AN-2 eines der weltweit meistgebauten Flugzeuge ist, wenn nicht gar DAS Meistgebaute. Darüber hinaus hielt die AN-2 mit ihrer 45-jährigen Produktion lange den Guiness World Record für den längsten Produktionszeitraum. Übertroffen wurde sie nur durch die Produktion des US-amerikanischen Transportflugzeuges Lockheed C-130 Hercules.
Die insgesamt über 54 verschiedenen Varianten der AN-2 verdeutlichen die oben genannten Zahlen noch einmal. Hier sind die chinesischen Lizenzbauten nicht mal inkludiert. Viele Varianten sind auch Einzelstücke geblieben. Die AN-2 wurde aufgrund ihrer Robustheit, Einfachheit und aerodynamischen Gutmütigkeit zu teilweise skurrilen Umbauten verwendet. So wurde beispielsweise eine AN-2 zu einem Ecranoplan modifiziert, um als Testträger für Bodeneffektfahrzeuge zu dienen. Andere wurden mit unterschiedlichen Leitwerkdesigns ausgerüstet (Doppelleitwerk, Doppelseitenleitwerk) während bei einem Exemplar nahezu der gesamte hintere Rumpf gegen einen verglasten Gitterrohrrahmen mit Leitwerk ersetzt wurde. Eine weitere Variante zu meteorologischen Beobachtung erhielt eine Art zusätzliches Cockpit, welches auf dem Rumpf vor dem Seitenleitwerk montiert wurde. Der Variantenreichtum kannte nahezu keine Grenzen.
Die AN-2 zeichnet sich ganz klar durch ihre extrem robuste Konstruktion aus, welche ihr den halb respektvoll, halb spöttischen Beinamen „Traktor der Lüfte“ einbrachte. Die grundsätzliche Anforderung an die Konstruktion war die Verwendung als Mehrzweckflugzeug für Agrar- und Frachtflüge. Ihre verhältnismäßig geräumige Kabine und hohe Zuladung machte sie aber auch für den Passagierverkehr auf entlegenen Routen attraktiv. Ihren großen Trumpf kann die AN-2 ausspielen, wenn es darum geht, auf kurzen und unbefestigten Pisten zu starten und zu landen. Ihr hoher Auftrieb und das extrem stabile Fahrwerk ermöglicht es dort zu landen, wo sich ausser einem Helikopter kein anderes Luftfahrzeug mehr hintraut. Ihre vielseitig nutzbare Kabine erweist sich auch hier von Vorteil. So können Passagiere transportiert werden oder auch Paletten. Eigentlich alles, was man durch die zweigeteilte Tür in den Rumpf bekommt. Maschinenteile, Paletten, Sprühequipment oder auch Kühe, wenn es denn sein muss. Es gibt kaum etwas, dass die AN-2 nicht zu transportieren vermag, solange es nur verladen werden kann und das zulässige Ladungsgewicht nicht übersteigt
Nach dem Kollaps der Sowjetunion traten allerdings finanzielle Aspekte in den Vordergrund und die AN-2, so wurde schnell klar, konnte diesen kommerziellen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden. Zu hoch waren der Wartungsaufwand, zu lange dauerten die Flugvorbereitungen, zu hoch der Kraftstoffverbrauch der durstigen Shvetsov ASh-62 Sternmotoren. Einen Sternmotor wie ein herkömmliches Triebwerk am Morgen zu starten ist quasi nicht möglich. Es bedarf je nach Witterung und Flugplan 1-2 Stunden um ihn gewissenhaft in einen betriebsfähigen Zustand zu bringen. Und so wurden viele AN-2 abgestellt und sich selbst überlassen. Viele Wracks säumen heute die Randbereiche von russischen Flugplätzen und Flughäfen. Eine nicht unbeträchtliche Anzahl von AN-2 wurde jedoch an private Unternehmen und Personen verkauft und sind noch heute weltweit im Einsatz. Einige noch kommerziell, andere privat.
In den letzten Jahren wurde man jedoch darauf aufmerksam, dass für die speziellen Bedarfe in den russischen Weiten kaum ein adäquater Ersatz oder Nachfolger am Markt zu finden ist, der es mit den Eigenschaften der Annuschka aufnehmen kann. So wurde die Entwicklung eines „Erben“ vorangetrieben, welcher in der SibNIA TVS-2-DTS mündete. Einem zu Großteil aus Faserverbundwerkstoffen bestehendem AN-2 Zwilling mit Honeywell Turboprop Triebwerk und moderner und ausgefeilter Aerodynamik. Dieses Flugzeug ist in der Lage die bisherigen und ohnehin beeindruckenden Flugleistungen der AN-2 bei weitem zu übertreffen und ist dabei optisch nah an der Ursprungsvariante geblieben. Ein Beweis der hervorragenden Idee aus der Feder von Oleg Konstantinowitsch Antonov. Leider wurde die Entwicklung nicht weiterverfolgt. Es wird vermutet, der Anteil westlicher Komponenten sei bei dieser Variante zu hoch und das Projekt wäre damit den politischen Tod gestorben. Belegbar ist diese Aussage jedoch nicht.
Nationale Berühmtheit erfuhr die AN-2 jüngst durch eine Atlantiküberquerung von Deutschland nach Nordamerika, welche in der DMAX TV-Serie „Steel Buddies“ dokumentiert wurde. In dieser Serie überführte der Hauptakteur, Michael Manousakis, seine AN-2 von Deutschland über Schottland, Island und Grönland nach Nordamerika, wo er seine Antonov gegen eine militärische Variante der markanten Cessna Zweimot 337, hier eine O-2 Skymaster, eintauschen wollte.
Alles in allem darf man wohl sagen, dass es sich bei der AN-2 um ein Jahrhundertflugzeug handelt welches sich selber im harten und härtesten Einsatz rund um den Globus bewährt hat. Sei es in gemäßigten Klimazonen, der Wüste, den Subtropen oder gar in arktischen Gebieten. Dekaden nach ihrem Erstflug ist dieses markante Arbeitstier noch immer in der Luft und es sieht nicht danach aus, als ob sich in absehbarer Zukunft daran etwas ändert. Während andere Muster ihrer Epoche zu unserem großen Bedauern langsam und sicher verschwinden, denkt die AN-2 nicht ans aufhören. Sie ist gekommen um zu bleiben. Und sie ist mit ihrer Arbeit offensichtlich noch lange nicht fertig.
Termine 2024
Psssst……Annuschka schläft noch. Wir sagen euch im Frühjahr 2024 wo ihr mit uns fliegen könnt.
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