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Aeroclub Aviators e.V.

 
 
 

Liebe AN2-Freunde,

wir schreiben den Donnerstag, den 27.Dezember 1973. Die Temperaturen auf dem Vorfeld der WSK Plant N°1 von PZL im polnischen Mielec betrugen um den Gefrierpunkt, als eine fabrikneue Antonov AN2-TD, bestellt durch das Ministerium für Nationale Verteidigung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), zur Verwendung bei der GST, mit der Werknummer 1G142-33 offiziell das Licht erblickt und in die Einflugphase überstellt wurde. Es sollte noch bis zum 11.März des Folgejahres dauern, bis die Behörden der DDR der Seriennummer 1G142-33 ihr erstes offizielles Kennzeichen zuordnete: DM-WJH. Von nun an, und bis zum 30.September 1982 sollte sie dieses Kennzeichen im Dienste der GST tragen. Bis zu diesem Zeitpunkt, so der Überbringen nach, wurden durch die ICAO nur 2-Letter-Codes für die nationale Registrierung von Flugzeugkennzeichen akzeptiert. Mit der Aufhebung dieser Vorschrift 1982, wurde den Organen der Deutschen Demokratischen Republik auch die Möglichkeit eröffnet, DDR als nationales Kennzeichen zu erteilen. Somit wurde die DM-WJH zur DDR-WJH. Dieses Kennzeichen trug die 1G142-33 bis zum 06.Oktober 1991.

Werknummer 1G142-33, seit jeher ausgerüstet für den Betrieb als Fallschirmabsetzmaschine der GST, wurde nun im Zuge der deutschen Wiedervereinigung durch die Treuhand, dem Fallschirmsportclub Mecklenburg-Vorpommern in Neustadt-Glewe übertragen. Von nun an sollte ihre Kennung die bundesrepublikanische D-FWJH sein. In diesem Zuge wurde der „Namensgebung“ WJH, das F als Indikator der Gewichtsklasse für einmotorige Flugzeuge mit Kolbentriebwerk und einer Höchstabflugmasse von 2000kg bis 5700kg hinzugefügt.

An dieser Stelle erfuhr die D-FWJH ihre ersten Besonderheiten: Zum Einen dürfte die AN2 das wohl größte kolbengetriebene einmotorige Motorflugzeug sein, das aktuell auf dem Markt betrieben wird. Und damit auch das Maximum an Größe und Gewicht, dass mit einer EU-FCL PPL-A Lizenz geflogen werden darf. Also der gleichen Lizenz, die einen Piloten befähigt, eine deutlich kleiner und leichtere Cessna 172 oder Piper PA28 zu fliegen. Zum anderen, weil dieses Flugzeug sich eine Eigenschaft teilt, die auch Mustern wie z.B. der PZL-WILGA oder DROMADER zu eigen sind, welche aus der Masse der ehemaligen DDR  in die LBA-Rolle der Bundesrepublik Deutschland übertragen wurden. (Namensgeber für die „LBA-Rolle“ sind die schienengelagerten Rollregale, in den die Zulassungsakten des LBA gelagert werden) Sie alle eint, dass sie über keine EASA- oder FAA-Typenzertifizierung verfügen, da sie einst im kalten Krieg, östlich des eisernen Vorhanges und somit weit weg von westlichen Normen und Standards konstruiert und gebaut wurden. Da beides, zumindest aus westlicher Sichtweise, unvereinbar mit den hiesigen Regularien war und teilweise noch immer ist, ist eine „einfache“ und reguläre Zulassung in europäischen EASA- und amerikanischen FAA-Registern nicht so ohne weiteres möglich. Eine Grauzone bilden die ehemaligen Sovietsaaten des Baltikums. Diese ordnen sich der EASA und der FAA unter, ermöglichen jedoch aus historischen Gründen auch die nationale (Neu-)Registrierung von solchen Flugzeugmustern, welche auch aus UdSSR-Zeiten stammen. 

Dies heißt für unsere D-FWJH, dass sie quasi mit ihren ehemaligen DDR-registrierten Schwestern, eine kleine Herde von Einhörnern ist. Sie genießen Bestandsschutz, solange sie zugelassen und im Betrieb sind. Und solange ihre Kennung nicht aus dem Braunschweiger LBA-Register getilgt wurde. Sollte z.B. eine AN2 mit deutscher Registrierung aufgrund eines Unfalles oder einer Verschrottung aus dem Register gelöscht werden, so wächst keine weitere D-registrierte AN-2 oder auch WILGA nach. Flugzeuge aus UdSSR-Produktion/Konstruktion mit D-Kennzeichen sind also eine vom Aussterben bedrohte Art. 

Nun aber zu unsere D-FWJH. Sie sollte, nun im Besitz des Fallschrimsportclubs, ein neues Lackkleid bekommen. Der militärische Look war in den 90ern und im Zuge der Aufarbeitung der DDR ehr nicht mehr „en vogue“. Man entschied sich dazu, sie in Weiß zu kleiden, mit den Landesfarben von Mecklenburg-Vorpommern als Dekorstreifen versehen. In diesem, zum Schluss ziemlich verblichenen Äusseren, wurde sie bis 2004 betrieben, bevor sie ihr neues, altes Farbschema zurückerhielt. Nun nicht mehr in Matt-Olivgrün, sondern in Hochglanz und mit nur sehr wenigen kleinen Updates. Unter anderem wurde sie auf den Namen Annuschka (russ. Kleine Anna) getauft. Ein passender Schriftzug wurde aufgebracht. 

In diesem Zustand verbrachte sie nun ihre Tage im Absetzbetrieb bis 2011. Am 3. Oktober 2011 wurden die Aeroclub Aviators e,V. gegründet, um den Erhalt unserer D-FWJH als historisches Fluggerät zu erleichtern und gewährleisten. Well…..and here we are! 

Heute, am 27.Dezember 2023 feiern wir also das 50. Jubiläum unserer Annuschka. Ein halbes Jahrhundert unserer JulietHotel, die zur Zeit abgestellt und im wohlverdienten Winterschlaf in ihrem Hangar ruht. Was für ein Leben! Was für Geschichten sie wohl zu erzählen hätte, würden wir sie befragen können. Viele ihrer Geschichten könnten wir bestätigen und mitzählen. Doch vieles, was vor 1991 geschah, bleibt für uns für immer im Verborgenen. Hin und wieder scheint auf unseren Flugveranstaltungen ein kleines Licht auf ihre Historie, wenn alte Veteranen aus ihrer GST-Zeit „ihre“ WJH wiedererkennen und ihre Erlebnisse mit uns Teilen. Oft ein spannender Blick in den Rückspiegel der Zeit, welcher hier und dort ein neues Puzzelteil zum Gesamtbild hinzufügt.  

Und so wollen wir heute fünfzig Zündkerzen auspusten und unserer lieben Annuschka weitere wundervolle und erlebnisreiche Jahre in der Luft wünschen. Auf das sie, wenn wir als Crew und Piloten schon lange unsere Medicals abgegeben haben und lieber am Boden ein kaltes Bier trinken, noch immer ihre Räder vom Boden nimmt und einem wolkenlosen Himmel entgegensteigt. Verdient hat sie es unter jeden Umständen und vermutlich wird sie wohl mit 80 Jahren immer noch  besser dastehen als ihre gealterte Crew. Als kleiner optischer Abriss ihrer Geschichte, haben wir ein paar Bilder aus ihrem Leben angehängt.

Hinweis: Trotz intensiver Bemühungen war euer Autor nicht in der Lage die Urheber zweier Fotos zu kontaktieren. Und da wir es ablehnen uns unkommentiert mit fremden Federn zu schmücken, möchten wir die Besitzer der Bilder unter allen Umständen nennen: Zum einen Hr. Guido Bühlmann (Wings-aviation.ch) und Hr. Eric Bannwarth (Flickr). Sollten die beiden Gentlemen hier mitlesen und nicht einverstanden sein mit der Nutzung, so bitten wir sie drum uns kurz eine Nachricht zukommen zu lassen. Wir werden dann selbstverständlich ihre Wünsche respektieren und entsprechend umsetzen. 

 Und nun wünschen wir euch und unserer Annuschka ein paar ruhige und festliche Tage, bis zum Jahreswechsel. Wir sehen uns in der neuen Saison 2024!

Eure Antonov-Crew

 

 

 

Termine 2024

Psssst……Annuschka schläft noch. Wir sagen euch im Frühjahr 2024 wo ihr mit uns fliegen könnt.

Kontakt

Aeroclub Aviators e.V.
Flugplatz 1
19306 Neustadt-Glewe

Telefon: 0171 – 10 37 055
E-Mail: info(a-t)aeroclub-aviators.de